Erbschein beantragen: wann er nötig ist und wie man ihn bekommt

Erbschein beantragen:
wann er nötig ist und wie man ihn bekommt

Der Erbschein ist ein amtlicher Nachweis über Ihre Erbberechtigung und den Anteil, auf den Sie Anspruch haben. In vielen Fällen ist dieses Dokument für Sie als Erbe erforderlich. Bevor Sie allerdings loslegen und einen Erbschein beantragen, sollten Sie prüfen, ob Sie ihn wirklich benötigen. Und wissen, welche Konsequenzen er mit sich bringt.

Der Erbschein: amtliches Dokument über Ihre Erbenstellung und Ihren Erbanspruch

Ein Erbschein ist ein vom Gericht ausgestellter Nachweis, in dem dokumentiert wird, wer Anspruch auf das Erbe eines Verstorbenen hat und wie hoch dieser Erbanspruch ist.

Es gibt unterschiedliche Arten des Erbscheins:

  • Der Alleinerbschein: Wie der Name schon sagt, handelt es sich um einen Nachweis für Alleinerben.
  • Der gemeinschaftliche Erbschein: Wenn es mehrere Erben gibt, kann ein gemeinschaftlicher Erbschein ausgestellt werden – unter der Voraussetzung, dass alle das Erbe bereits angenommen haben und dessen Umfang feststeht. Im Gemeinschafts-Erbschein sind alle Erben mit ihrem jeweiligen Erbanteil aufgelistet. Beantragt werden kann dieses Dokument von einem der Erben, der davon eine Vollmacht von allen Miterben benötigt. Die Kosten trägt die gesamte Erbengemeinschaft. Vorteil: geringere Kosten als bei der folgenden Variante, dem Teilerbschein.
  • Der Teilerbschein: Die Alternative zum gemeinschaftlichen Erbschein – jedes Mitglied einer Erbengemeinschaft kann ihn für sich allein beantragen, muss dann allerdings auch für die Kosten aufkommen.

Weitere Ausführungen sind:

  • der gegenständlich beschränkte Erbschein (wenn es nicht nur deutsches, sondern auch ausländisches Vermögen im Erbe gibt; letzteres wird nicht für die Kostenberechnung des Erbscheins angesetzt)
  • der Fremdrechtserbschein, der sich auf in Deutschland befindliche Nachlassgegenstände bezieht, die nach ausländischem Recht vererbt wurden
  • das Europäische Nachlasszeugnis, das man auch zusätzlich zum Erbschein beantragen kann und das dann sinnvoll ist, wenn sich Teile des geerbten Vermögens im europäischen Ausland befinden.

Wer einen Erbschein beantragen kann

Einen Erbschein dürfen Sie nur beantragen, wenn Sie Erbe sind – als Pflichtteilsberechtigter oder Vermächtnisnehmer ist das nicht möglich. Personen wie Testamentsvollstrecker, Anwälte und Notare können vertretungsweise einen Erbschein beantragen.

Wo Sie den Erbschein bekommen

Ihren Antrag stellen Sie beim Nachlassgericht, meist dem Amtsgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen. Wenn der Verstorbene zuletzt im Ausland gelebt hat, dann ist das deutsche Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (das ist eine Anwesenheit an einem Ort von über sechs Monaten).

Um den Antrag direkt im zuständigen Nachlassgericht zu stellen, müssen Sie dort in der Regel einen Termin vereinbaren und auch persönlich erscheinen, um eine eidesstattliche Versicherung zum Inhalt Ihres Antrags abzugeben.

Es gibt noch zwei weitere Optionen: Sie reichen einen schriftlichen Antrag zusammen mit einer vom Notar beglaubigten eidesstattlichen Versicherung ein oder Sie lassen alles beim Notar beurkunden, der auch die eidesstattliche Versicherung beurkundet und alles beim Nachlassgericht einreicht.

Wofür Sie einen Erbschein brauchen

Einen Erbschein benötigen Sie meist, wenn Sie gegenüber Dritten, vor allem gegenüber Institutionen wie Banken, Versicherungen oder dem Grundbuchamt nachweisen müssen, dass Sie Erbe sind und damit das Recht haben, Transaktionen im Zusammenhang mit dem Erbe durchzuführen, beispielsweise wenn Sie Rechnungen des Verstorbenen begleichen, sein Konto auflösen oder seine Wohnung kündigen müssen oder wenn im Zusammenhang mit einer geerbten Immobilie ein Eintrag ins Grundbuchamt nötig ist. Nötig ist der Erbschein meist, wenn es weder ein Testament noch einen Erbvertrag gibt.

Wann Sie keinen Erbschein benötigen

Sie benötigen keinen Erbschein, wenn Sie …

  • eine umfassende Kontovollmacht des Verstorbenen haben – eine allgemeine Vorsorgevollmacht wird hingegen nicht von allen Banken akzeptiert
  • ein notarielles Testament, einen Erbvertrag oder eine Vorsorgevollmacht haben

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs hat im Jahr 2013 entschieden, dass Banken nicht grundsätzlich die Vorlage eines Erbscheins verlangen dürfen (Urteil vom 8. Oktober 2013, Az. XI ZR 401/12). Allerdings bedeutet das noch lange nicht, dass Banken nun auch andere Dokumente wie beispielsweise handgeschriebene Testamente als Nachweis der Erbenstellung akzeptieren.

Konsequenz des Erbscheins: Erbe angenommen!

Wer einen Erbschein beantragt, hat damit automatisch das Erbe angenommen. Bei Erbengemeinschaften, die einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen, bedeutet das: alle müssen vorher das Erbe angenommen haben, sonst kann kein Antrag gestellt werden.

Die Annahme des Erbes bedeutet, dass Sie nicht nur Vermögenswerte erhalten, sondern auch für etwaige Schulden des Verstorbenen sowie für Erbschaftssteuern aufkommen müssen.

Was der Erbschein kostet

Ein Erbschein verursacht Kosten, die der Antragsteller zu tragen hat. Erbengemeinschaften übernehmen die Kosten anteilig. Die Kostenhöhe hängt vom bereinigten Nachlasswert ab, also dem Gesamtwert des Nachlasses abzüglich von Schulden und Verbindlichkeiten.

Tipp: Die Kosten für den Erbschein kann man als Sonderausgaben steuerlich geltend machen.

Die Kostenhöhe ist festgelegt in der Gebührentabelle B des Gerichts- und Notarkostengesetzes (Nr. 12210 Kv GnotKG). Die Gebühr setzt sich hälftig aus den Kosten für die Erteilung des Erbscheins und für die mit dem Antrag verbundene Protokollierung der eidesstattlichen Versicherung zusammen.

Übersicht Erbscheinkosten (alle Angaben in €)

Nachlasswert bis … €Gebühren für den ErbscheinGebühren für Erbschein und eidesstattliche Versicherung
5001530
1.0001938
1.5002346
2.0002754
3.0003366
4.0003978
5.0004590
6.00051102
7.00057114
8.00063126
9.00069138
10.00075150
13.00083166
16.00091182
19.00099198
22.000107214
25.000115230
30.000125250
35.000135270
40.000145290
45.000155310
50.000165330
65.000192384
80.000219438
95.000246492
110.000273546
125.000300600
140.000327654
155.000354708
170.000381762
185.000408816
200.000435870
230.000485970
260.0005351.070
290.0005851.170
320.0006351.270
350.0006851.370
410.0007851.570
440.0008351.670
470.0008851.770
500.0009351.870
550.0001.0152.030
600.0001.0952.190
655.0001.1752.350
700.0001.2552.510
750.0001.3352.670
800.0001.4152.830
850.0001.4952.990
900.0001.5753.150
1.000.0001.7353.470
1.300.0002.2154.430
1.600.0002.6955.390
2.000.0003.3356.670
2.500.0004.1358.270
3.000.0004.9359.870
4.000.0006.53513.070
5.000.0008.13516.270

Zusatzkosten, die im Zusammenhang mit dem Erbscheinverfahren entstehen können:

  • Notarkosten, wenn Sie den Erbschein vom Notar beantragen lassen. Achtung: bei notarieller Beantragung kommt noch die Mehrwertsteuer für den Erbschein hinzu, die bei der direkten Beantragung beim Nachlassgericht nicht fällig wird.
  • Etwaige weitere Kosten können für die Beglaubigung und Übersetzung von Dokumenten oder für die Anforderung von Sterbeurkunden entstehen.

Erbschein beantragen: Was Sie einreichen müssen

Welche Dokumente Sie mit Ihrem Antrag einreichen müssen, hängt unter anderem von der Erbenkonstellation ab, also ob Sie Alleinerbe oder Mitglied einer Erbengemeinschaft sind, und ob es ein Testament oder einen Erbvertrag gibt oder stattdessen die gesetzliche Erbfolge greift.

Klären Sie mit dem zuständigen Nachlassgericht, welche Dokumente Sie für den Antrag benötigen. Oft finden Sie über die Website des Gerichts ein Antragsformular, in dem auch steht, was Sie brauchen.

Hier eine Liste der Dokumente, die in der Regel vorgelegt werden müssen:

  • Erklärung, dass Sie das Erbe annehmen
  • Information über den Nachlasswert und die Höhe des Erbteils
  • Eidesstattliche Versicherung über die Richtigkeit Ihrer Angaben
  • Eidesstattliche Versicherung darüber, dass in der Erbsache keine Prozesse anhängig sind
  • Personalausweis oder Pass
  • Sterbeurkunde des Erblassers
  • Testament in beglaubigter Kopie oder Erbvertrag
  • Wenn es weder Testament noch Erbvertrag gibt: Nachweise darüber, dass Sie gemäß der gesetzlichen Erbfolge tatsächlich Erbe sind (Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Familienstammbuch etc.)
  • Bei einer Erbengemeinschaft: Namen und Adressen aller Miterben
  • Wenn Personen keine Erben mehr sind: Nachweise wie z.B. Sterbeurkunden oder Erklärungen zur Erbausschlagung bzw. zum Erbverzicht
  • Bei Eheleuten: Güterstand

Der Zeitfaktor: gibt es Fristen? Wie lange dauert es?

Für die Beantragung eines Erbscheins gibt es keine Fristen.

Wie lange es vom Antrag bis zur Ausstellung eines Erbscheins dauert, hängt vom jeweiligen Nachlassgericht und von dessen Auslastung ab – pauschale Aussagen lassen sich hier nicht treffen. Sind Gerichte schnell, dauert es ca. 4 bis 6 Wochen. In anderen Gerichten kann sich die Ausfertigung des Erbscheins über mehrere Monate hinziehen und auch ein halbes Jahr oder länger dauern.

Wenn ein Erbschein plötzlich nicht mehr gültig ist

Es kann durchaus vorkommen, dass ein bereits erteilter Erbschein vom Nachlassgericht wieder eingezogen oder für „kraftlos“, d.h. ungültig erklärt wird – zum Beispiel, wenn bisher unbekannte Erben oder auch neu entdeckte Verfügungen des Erblassers auftauchen.

Nachlassgericht und Finanzamt

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